„Und wo
fahren wir nächstes Jahr hin???“ meldete sich Gabi mit der traditionellen
Frage, als sie nach ihrem Wadenbeinbruch im letzten Jahr wieder
einigermaßen
laufen konnte. „In eins der ehemaligen Traumländer aller DDR-Bürger, nach Bulgarien!“
war die gemeinsame Idee. Für uns blieb es all
die Jahre
ein Traum: Wir beide waren in unserem Leben tatsächlich noch nie in Bulgarien.
Was die
Reisevorbereitungen anbelangte, mussten wir nicht lange nachdenken: Dauer (4
Wochen) und Strecke (5000 km) entsprachen in etwa der Tour
nach
Albanien (2023). Also, Checkliste wieder rausgesucht, und los ging´s ...
Die
Stationen der Reiseroute im Überblick:
DD ->
Kúty(SK) -> Kecskemét(H) -> Caransebeş(RO) -> Vidin(BG) ->
Pernik(BG) -> Asenovgrad(BG) -> Jambol(BG) -> Sveti Vlas(BG)
->
Hinweis: Deutsche Umschriften aus dem Bulgarischen wurden möglichst
buchstabentreu gewonnen, also z.B.
В -> v, Ж -> sh, Ъ -> a, Я -> ja usw.
Dadurch ergeben sich mitunter Diskrepanzen zu
gewohnten deutschen Schreibweisen, z.B.
София -> Sofija, üblich jedoch Sofia
Die erste
Tagesetappe und damit 420 km liegen hinter uns. Für die Übernachtung im Motorest „U Janičkov“ bei Kúty(SK) waren wir
vorgewarnt: „Biker-Treffen,
es kann
laut werden!“. So schlimm war´s am Ende
gar nicht. Es gab einiges zu sehen. Und
zu schmunzeln. Nicht unsere Liga. Nette Unterhaltung,
der
Nachmittag verging wie im Fluge.
Abreise
vom Motorest am Morgen. Frühstück unterwegs, 330 km bis Kecskemét(H). Es
wird warm, sehr warm ... und wir brauchen in Ungarn
eine
Autobahnvignette!
Nach der
dritten Tagesetappe (310 km) machen wir Station in Caransebeş(RO).
Hier waren wir schon mal während unserer Rumänientour 2011.
Heftiger
Gegenwind bremste die kleinen Maschinen ziemlich aus – und die ETZ ruckte und
spuckte mal wieder, die Hitze scheint ihr nicht so zu liegen.
Nach dem
Kerzenwechsel ist aber alles wieder gut, und das sollte auch so bleiben. Die
Reserve an Kerzen ist damit allerdings bereits zu Beginn der Reise
aufgebraucht.
Unweit vom
Hotel ist ein winzig kleiner Ersatzteilladen. Die gewünschten NGK B8HS sind
nicht vorrätig, können aber bestellt werden. Am nächsten Morgen
vor der
Abreise liegen die Kerzen tatsächlich bereit. Guter Service, danke!
Auf der
Bank wollen wir uns noch ein wenig rumänisches Bargeld beschaffen. Schon
geschlossen, obwohl noch eine halbe Stunde bis zur ausgewiesenen
Schließzeit
ist. Wir klopfen an die Scheibe. Unglaublich, diese Arbeitsmoral hier ...
allerdings hatten wir übersehen, dass bereits in Rumänien die Uhren
um eine
Stunde vorgestellt werden müssen ... ... peinlich, peinlich ...
Heute
wollen wir am Ende der vierten Reiseetappe Bulgarien erreichen, 210 km liegen
vor uns. Wir überqueren die Donau und fahren einige Kilometer
durch
Serbien, bis wir die bulgarische Grenze erreichen. Erstes Ziel ist die Stadt Vidin(BG)
an der Donau.
Das Hotel Hotel
Stariyat Grad [43.9868, 22.8783] in bester Lage in der Altstadt war ein
Glückstreffer. Die überbordende Ausschmückung mit originalen
Gemälden
und anderen Kunstgegenständen gibt das Gefühl, in einem musealen Schloss zu
wohnen. Der Hausherr ist beflissen und hilft, wo er kann.
Wir haben
uns hier sehr wohl gefühlt. Die Motorräder können hinter dem Haus
eingeschlossen werden. Für ein paar Stunden gibt es auf Grund einer
Störung
kein Wasser, was uns als Motorradfahrer nur gering tangiert.
Nach vier
Tagesetappen mit insgesamt 1270 km ist jetzt Gelegenheit, etwas zur Ruhe zur
kommen: Stadtbummel und ein gutes Essen stehen auf dem Plan.
Vom
Donauufer aus erkennt man weit entfernt am Horizont die erst 2013 freigegebene
Brücke Calafat(RO) / Vidin(BG), über die wir auch hätten
einreisen
können.
Dass die
Festung „Baba Vida“ uneinnehmbar war, glaubt man auf den ersten Blick. Ein beeindruckendes Bauwerk, welches im 10. Jh. auf den
Grundmauern
eines römischen Kastells erbaut wurde. Die Begehung ist
teilweise schwierig, besonders, wenn man rutschige Schuhe anhat. Die
Marmorsteine sind glatt
geschliffen. Der sich aufdrängende Gedanke, Kinder dabei zu
haben, die in den schmalen Aufgängen abrutschen oder von den offenen
Mauerkanten fallen
könnten, ist nicht gerade angenehm. Deutsche
Sicherheitsbehörden hätten ihre Freude an dem Objekt ...
Auf dem
Rückweg in die Stadt kommen wir an der ehemaligen Synagoge von Vidin
vorbei. Das Gebäude war noch vor wenigen Jahren eine hässliche Ruine
ohne Dach und
aus den Mauern wuchsen Bäume. Jetzt - wieder aufgebaut - ist es seit 2023 ein
Schmuckstück und dient als Museum, Bibliothek und zu
kulturellen
Zwecken, wie z.B. Ausstellungen.
Im
Restaurant „Bononija“ kann man hervorragend speisen, das Ambiente des grünen
Gürtels am Donauufer tut ein Übriges dazu. Auf dem Rückweg werden wir
von Musik
aus dem Stadtpark angelockt. Hier probt man gerade Mozarts Zauberflöte (in
deutscher Sprache!), da bleiben wir gern noch ein Stündchen dabei.
Heute
steht der Besuch der Festungsruine Belogradtschik auf dem Plan. Punkt 8
Uhr erwartet uns ein reichhaltiges Frühstück im bulgarischen Stil mit
Schinken,
Käse, Butter und als „Highlight“ geräucherte Forelle. Dazu Pfirsichnektar und
Kaffee. Die Joghurts und zwei Stück vom Kuchen nehmen wir mit,
letztere
passen gut zu einem Kaffee für unterwegs. Bis Belogradtschik sind es
etwa 50 km. Die Landstraße ist reichlich geflickt, und die vielen LKWs nerven.
Aber, je
näher wir unserem Ziel kommen, desto ruhiger wird es. Der Ort ist an den
Festungsberg geklebt, und das System aus Einbahnstraßen ist trotz
Navi-Hilfe
verwirrend. Schließlich erreichen wir den Parkplatz vor dem Festungseingang.
Von ganz
oben schweift der Blick über die bewaldete Landschaft, aus der überall die
roten Sandsteintürme emporragen.
Es ist
noch genügend Zeit, und so beschließen wir, die nur wenige Kilometer von hier
aus gelegene Höhle Veneza zu besuchen. Dazu müssen wir allerdings
den
dazwischenliegenden Bergrücken, gewürzt mit reichlich Serpentinen überqueren.
Angekommen nehmen wir zur Kenntnis, dass es Führungen nur zur
vollen
Stunde gibt. Also: 45 min warten! Wir bleiben die einzigen Besucher! Gabi mag
nicht, und so bekomme ich letzten Endes eine Prinzen-Führung, natürlich
bulgarisch,
gemischt mit Körpersprache. Es kommt nur mehr Erahntes als Verstandenes
herüber.
Die Höhle
ist nicht sehr weitläufig, jedoch von der Struktur unerhört vielfältig,
insbesondere auch, was die Tropfsteinformen betrifft. Die einzelnen Sujets sind
ziemlich
poppig beleuchtet, sieht man das etwa so, wenn man auf LSD ist? Und natürlich
muss man alle möglichen Tiere, Buddhas, Marias, Orgeln usw.
erkennen.
Am Ende wollte meine „Führerin“ nicht einmal den Eintritt kassieren. Ich drücke
ihr einen Schein in die Hand, den sie erst verwundert, dann
freudig-dankbar
annimmt.
Auf der
Rückfahrt nach Vidin erwartet uns eine wahrliche Streckenkatastrophe. In
Gara Oreschez wird eine 200 m lange Straßen-Baustelle angekündigt.
Na gut, da
müssen wir eben durch, um den Umweg übers Gebirge zu sparen. Allerdings wurde
das Schild sehr wahrscheinlich entsprechend des
Baufortschritts
des ersten Tages beschriftet. Nicht 200 m sondern 2 km bis nach Medovniza
sollte das so weitergehen.
Der
„Belag“ bestand aus frisch geschüttetem, unverdichtetem Kalksteingeröll der
Körnung 3 ... 15 cm. Genauso sind wohl die Auslaufbuchten an
abschüssigen
Straßen für LKWs ausgelegt. Große Baustellen-LKWs überholen uns oder kommen
entgegen, wobei sie in der heißen trockenen Luft riesige
Staubfahnen
hinter sich herziehen. Es ist nahezu unmöglich, ohne zu stürzen mit der Chopper
da entlang zu fahren. Ich lasse die ETZ im ersten Drittel der
Baustelle
stehen und „fahre“ die Suzi wie besoffen im ersten Gang mit den Beinen unten
bis nach Medovniza. Gabi läuft inzwischen die Strecke. Etwa in der
Mitte
kommen wir uns als Fußgänger entgegen. Gabi chartert kurzerhand einen
Transporter, der freundliche junge Mann nimmt mich bis zur ETZ mit.
Als
„Zugabe“ nun noch einmal die LKW-Auslaufspur im Ersten ...
Wer
demnächst mal hier vorbeikommen sollte, wird mit Sicherheit eine vorzüglich
asphaltierte Straße vorfinden ...
Von Vidin
wollen wir weiter nach Pernik, das eine gute Ausgangsposition für Sofija
und weitere Sehenswürdigkeiten im Süden ist. In Montana, biegen wir
auf die
(81) ab. Sie führt über das zentrale Balkan–Gebirge, das sich wie ein Wall von
West nach Ost durch die Landesmitte erstreckt und über den
Petrochanski–Pass. Das
spart 40 km im Vergleich zur (1), die auch nach Sofija und weiter nach Pernik
führt.
Die Suche
nach einem Quartier gestaltet sich diesmal schwierig. Ich düse alleine los und
klappere potentielle Herbergen ab. Nix. Inzwischen bin ich schon
ziemlich
weit aus der Stadt hinaus geraten. Ein ländliches Idyll ist leider auch voll
belegt, schade. Gabi hat sich schon Sorgen gemacht, wo ich denn solange
bliebe
... naja, wir checken dann doch im
Elit-Hotel ein.
Nach Süden
zum Rila-Kloster nutzen wir ein ganzes Stück die Autobahn (in BG – wie auch in
CZ und SK - unentgeltlich). Dann wird es ländlich und
wir
durchqueren endlos erscheinende Weinfelder. Vom Ort Rila führt eine grün
gesäumte Talstraße direkt bis zum Kloster.
Das
Kloster ist von überragender baulicher Harmonie und Schönheit. Wand- und
Deckengemälde zieren die Gebäude innen und außen. Die Bewohner
konnten
sich nicht nur ihrem religiösen Tun widmen, sondern mussten – wie in anderen
Klöstern auch - für die Grundlagen ihres Lebens selber sorgen.
So kann
man eine ganze Menge an historischen Wirtschaftseinrichtungen wie Speicher,
Küche, Bäckerei besichtigen.
Von Rila
ist es nicht weit nach Stob, das durch seine Sandstein-Pyramiden oder
besser –Säulen berühmt ist. Der steile Aufstieg von ca. 30...40 min in der
Gluthitze
- ohne jeglichen Schatten – ist anspruchsvoll. Man gerät an die Grenze eines
Kreislaufkollapses. Es ist gut, dass Gabi das letzte Stück in ihren dünnen
Sportschuhen
und bei der Hitze zurückbleibt. Ich steige weiter, betont langsam, 50 Schritte,
dann Pause, 50 Schritte, Pause ... Ein erster atemberaubender
Blick
eröffnet sich auf der rechten Seite des Pfades: Eine vertikale Blattstruktur
oder vielleicht auch ähnlich eines Stoffes, der Falten schlägt. Dann ganz oben
tauchen
die Pyramiden auf. Einige tragen Decksteine auf ihrer Spitze. Ich ertappe mich
bei dem Gedanken, dass das eine Idee der hiesigen
Tourismusbehörde
gewesen sein könnte ... aber nein, es war der pure Gestaltungswillen der Natur.
Zurück in Pernik
begeben wir uns zum wiederholten Mal auf die Suche nach einer geeigneten
Gaststätte, um etwas zu essen und den Tag bei einem
Bierchen
oder einem Glas Wein ausklingen zu lassen. Als Laufkundschaft haben wir kaum
Chancen. Von quasi leeren Pizzerien werden wir mehrmals mit
dem
Hinweis, dass alle freien Tische bestellt seien, abgewiesen. Irgendwann
„dürfen“ wir dann doch noch ... ausnahmsweise ... Empfehlenswert ist das
San Marco
in Pernik. Von allen Biersorten blieb uns das „Ariana“ in guter
Erinnerung.
Auf dem
Plan steht die Stadtbesichtigung von Sofija. Von Pernik sind es
etwa 25 km bis ins Zentrum. Allerdings ist abzusehen, dass sich die aktuelle
über
den ganzen
Balkan erstreckende Hitzewelle der letzten und der kommenden Tage arg zu
schaffen machen wird. Das Thermometer im Zentrum zeigt 42*C
im
Schatten.
Die
letzten 5 km in die Innenstadt über den Boulevard „Zar Boris III.“ sind eine
Tortur für Mensch und Maschine: Granit-Kleinpflaster – offenbar noch aus
Kommunismus-Zeiten
– total ausgefahren, aufgeworfen,
ausgebrochen – einfach schrecklich. Gabi kämpft in Radfahrergeschwindigkeit
gegen den
Richtungs-Eigensinn
ihrer dicken Reifen von Delle zu Wulst und von Wulst zu Delle. Natürlich ist
jeder Quadratmeter Parkfläche in der Innenstadt besetzt.
Wer nicht
die nötige APP auf dem „Händie“ ( = Mobiltelefon mit Internetzugang) hat, hat
es schwer, ein Ticket für das legale Parken zu erwerben. Es gibt
mehrere
Parkzonen, die konzentrische Kreise um das Zentrum bilden und jeweils ihre
eigenen Regeln und Tarife haben. Wir fragen mehrere Einheimische,
aber am
Ende zucken sie auch nur mit der Schulter und haben keine umsetzbare Lösung für
unser Parkproblem parat. Es gäbe Männer mit grünen
Schutzwesten,
die Tickets verkaufen. Wir haben allerdings den ganzen Tag nie einen gesehen.
Am Ende kommen wir in einer Ecke des Vorplatzes einer
Reifenfirma
unter, wo es niemand stört, und wo auch nach der Schließzeit noch ein Loch zur Straße
bleibt (siehe Suchbild links).
Unser
Spaziergang führt von der Rotunde des hl. George zur Kathedrale Sveta Nedelja
und weiter zur Moschee “Banja Baschi”.
Von Pernik
aus steuern wir das nächste, knapp 200 km entfernt liegende Ziel an: Asenovgrad.
Von da haben wir wieder gute Bedingungen im Norden
Plovdiv zu
erreichen und im Süden die „Wundervollen Brücken“ sowie die
„Teufels-Rachen-Höhle“ bei Trigrad nahe der griechischen Grenze.
Am
Vorabend hatten wir uns für eine urige Pension entschieden. Die Betreiberin,
eine gut englisch sprechende junge Frau, bot uns jedoch ein preiswertes,
nagelneues
Apartment „Green Park“ am Bahnhof von Asenovgrad an. Warum nicht, eine
gute Bahnverbindung ist Gold wert.
Generell
beunruhigend war, dass sich die Tanks beider Motorräder bei über 40 °C am Tage
und direkter Sonnenbestrahlung enorm aufheizen. Ein schattiges
Plätzchen
war die ersehnte Lösung! Vor einem unserer Ausflüge hatte ich das mühsam in der
Umgebung gesuchte und gefundene nötige Ständerbrettchen
achtlos
beiseite gelegt. Der Hausmeister hatte es zu meinem Leidwesen am Tag über
pflichtgemäß entsorgt. Bei der neuerlichen Suche für eine
Unterstützung
auf dem frisch angesäten Rasen fand ich lediglich ein paar stabile Pappen.
Damit nahm das Verhängnis seinen Lauf. In der Nacht feuchteten
die Pappen
durch und die ETZ kippte gegen den dicken Baumstamm. Seitdem habe ich als
bleibendes Andenken an Asenovgrad eine ansehnliche Beule
im Tank
und damit rechnerisch eine engeschränkte maximale Reichweite ...
Für den
Besuch in Plovdiv nutzten wir die gute Bahnverbindung von Asenovgrad
aus. Es wird wieder brütend heiß. Hoffentlich ist das Wasser wenigstens
heute
Abend wieder da ...
Sehenswert
sind die Reste der Nordkurve des römischen Stadiums aus dem 2. Jh., die
Dshumaja-Moschee und das römische Amphi-Theater, ebenfalls
im 2. Jh.
während der Zeit Marc Aurels erbaut. Kulinarisch ließen wir uns in einer gut
frequentierten türkischen Gaststätte, gleich hinter der Moschee
„verwöhnen“.
Ayram hatte ich noch nie getrunken. Bei dieser Hitze, bei der einem sogar der
Appetit aufs Bier vergeht (und wir hätten ja was trinken können),
war es DAS
ideale Getränk.
Ein weiteres
Tages-Ziel waren die „Wundervollen Fels-Brücken“ (Tschudtnite mostove) südlich
von Asenovgrad. Der Weg führt zwangsläufig am
Batschkovski-Kloster
vorbei, dem wir einen kurzen Besuch abstatten. Deutlich kleiner als das
Rila-Kloster, aber ebenso schön.
Die Straße
windet sich in Schlangenlinien gen Süden. Die letzten 16 km zu den
„Wundervollen Fels-Brücken“ sind steil, kurvig und in äußerst schlechtem
Zustand.
Das per Hinweistafel verlockend angekündigte und nur einen knappen Kilometer
entfernte Berghotel „Skalnite mostove“ hat seine besten Zeiten
schon
lange hinter sich. Man findet talabwärts mehrere gute Raststätten.
Zur
Teufels-Rachen-(oder: Schlund)-Höhle (Peschtschera „Djabolskoto garlo“) bei Trigrad
nahe der griechischen Grenze mache ich mich heute mal mit
der ETZ
allein auf den Weg. Es sind immerhin 110 km „gewundene“ Strecke von Asenovgrad
aus. Die Beschreibung der Höhle in Sven Altmanns Büchlein
„Mit der
Dnepr über den Balkan nach Kappadokien“ und die mit der Höhle verbundene
Legende um Orpheus und Eurydike hatten mich neugierig gemacht.
Auf halber
Strecke fährt man durch das als Austragungsort für Wintersportwettkämpfe
bekannte Pamporovo.
Es lockt
das Schwarze Meer ...
Von Asenovgrad
sind es noch etwa 300 km. Wir entscheiden uns für einen Zwischenstopp In Jambol
und feiern dort unser Touren-Bergfest.
24 Jahre
lang haben wir auf unseren Motorradreisen die Quartiere generell erst am
Ankunftsort gesucht. Jambol ist der erste Fall, bei dem Gabi auf ihrem
Streichel-„Händie“
eine Bleibe per booking-com rausgesucht hat. Da es ausgezeichnet klappte,
behielten wir die Methode bei und wurden bisher nie enttäuscht.
Zu wissen,
wo man am Ziel ein Dach über dem Kopf findet, ist äußerst entspannend. Die
Urlauberhochburgen an der Küste wollten wir unbedingt vermeiden,
so kamen
wir auf Sveti Vlas bei Nesebar, wo es deutlich weniger quirlig
zugeht.
Es sieht
schlecht aus mit einem Stellplatz für unsere Motorräder an der Straße, so
dürfen wir mit Erlaubnis des Hotelbesitzers direkt vor der Rezeption des
Hotels
„Santorini“ parken. Da die Zimmer noch nicht bezugsfertig sind, lädt er uns zur
Überbrückung auf ein Bier ein. Bei lustiger Unterhaltung ... werden es
mehrere
Liter ... der Erste Rundgang durch den Ort war deshalb ... außerordentlich
„beschwingt“ ...
Wir beide
sind keine typischen Strandurlauber, nach 3 ... 4 Stunden haben stets genug vom
goldgelben Strand, dem kristall-klaren Wasser und der Affenhitze.
Von Sveti
Vlas aus gibt es Taxi-Boot nach Alt-Nesebar. Das war das ideale
Verkehrsmittel, wir ließen uns die angenehm frische Seeluft um die Nase wehen.
Von Sveti
Vlas sind es 240 km bis Veliko Tarnovo, unserer nächsten
Reisestation. Am „Pass der Republik“ überqueren wir das zentrale Balkangebirge
in
Richtung Norden. Ein Teil der Altstadt von Veliko Tarnovo scheint
förmlich an die steilen Talhänge des Flüsschens Jantra geklebt zu sein. Schmale
Gassen, gerade
mal ein Auto breit, verbinden die Häuser in Zick-Zack-Strukturen, die von
Serpentinen mit Spitzkehren gebildet werden. Dazu sind sie nach
mittelalterlicher
Art mit holprigen Natursteinplatten belegt. Gabi bezweifelt, dass wir hier
richtig sind und unser „Guesthouse“ erreichen. Auf der 2D-Karte sah
natürlich
alles sehr „flach“ aus.
Die
Zufahrt erfolgt mitten durch eine Restaurant-Terrasse, viel Platz ist hier
nicht. Das „History Inn“ atmet – wie der Name schon besagt -- die Geschichte
der
letzten
Jahrhunderte. Die freundliche Wirtin erwartet uns schon.
Das
Gässchen trägt übrigens den Namen des russischen Generals Josef Wladimirowitsch Gurko, der maßgeblich am
Zurückdrängen der Türken
auf bulgarischem Gebiet um 1878 im Russisch-Türkischem Krieg
beteiligt war. An diese Ereignisse erinnert auch das Denkmal auf dem
Schipka-Pass,
welches wir am Folgetag besuchen.
Etwa 90 km von Veliko Tarnovo entfernt befindet sich
die Devetaki-Höhle. Ungewöhnlich sind die zahlreichen runden Öffnungen nach
oben. Sicht- und hörbar
ist es ein Paradies für Schwalben oder Mauersegler, die
schrill pfeifend in der Höhle herumjagen. Auch Fledermäuse leben hier in einem
abgetrennten Bereich.
Auf dem
Rückweg nach Veliko Tarnovo schauen wir noch kurz auf einen Kaffee im
MotoCamp Bulgaria in Idilevo vorbei. Doug, der Hausherr ist anwesend
und steht
für einen kurzen Small-Talk zur Verfügung. Ansonsten steigen hier mehrheitlich
„Biker“ ab, gegenüber deren Touren sich unsere Runden eher
bürgerlich-bescheiden
ausnehmen.
Morgen
werden wir Bulgarien über die Grenzstadt Ruse(BG) verlassen und uns
Richtung Bukarest halten. Anlass für ein angemessenes Abschiedsessen
auf
„unserer“ Restaurant-Durchfahrtsterrasse.
Auf dem Weg
Richtung Bukarest staunten wir nicht schlecht, als wir nach dem Tanken
in der zugehörigen Raststätte zwei Jawas sahen, die zum Verkauf
standen.
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, mir gefiel der Retro-Stil. Die
Motorräder werden in Indien produziert und sind auch in Deutschland
erhältlich.
Am Südrand
von Bukarest legten wir nach 180 km einen Zwischenstopp ein, bevor wir
am nächsten Tag weitere 190 km Richtung Braşov in Angriff nahmen.
Hier
wurden wir bereits von unseren MZ-Motorradfreunden Feri und Vali erwartet und
freudig begrüßt. Wir lernten uns damals auf unserer Rumänientour 2011
kennen.
Beide waren übrigens auch mit ihren MZs Gäste auf dem MZ-Forumstreffen 2017 in
Zerbst. Ein herzliches Dankeschön geht an beide für die
erwiesene
Gastfreundschaft! Es gab viel zu berichten, immerhin sind zwischenzeitlich 13
Jahre ins Land gegangen. Ein ausgedehnter Stadtbummel und ein
Ausflug
zur „Dracula“-Burg Bran (die mit Dracula tatsächlich nichts zu tun hat)
beschlossen unseren Aufenthalt in Braşov
Nun geht
es in großen Sprüngen (270 km Cluj-Napoca(RO) – 310 km Szolnok(H)
– 360 km Kúty(SK) – 430 km Dresden) zurück in die Heimat.
Leider kam
es ab Szolnok(H) noch zu einem ernsthaften technischen Problem mit der
ETZ. Beim Hochschalten in den Fünften, knallte und ruckte es auf
einmal.
War der Fünfte dann irgendwie eingerastet, ging es eine ganze Weile gut.
Anfangs dachte ich noch, schnell hochschalten, geräuschvoll einrasten
lassen,
dann aber jeden Gangwechsel vermeiden, so könnten wir es schaffen.
Es wurde
immer schlimmer. Langsam wuchs auch die Befürchtung, das „metallische
Kleinigkeiten“ im Getriebe ein jähes Ende herbeiführen könnten. Es war
noch vor
Budapest auf der Autobahn, als es beim Hochschalten abermals knallte und der Motor
keine Zugkraft mehr zeigte, aus ... Ich
dachte, das war´s jetzt.
Wie von
hier wegkommen??? Immerhin waren es noch 750 km bis nach Hause.
Unbewusst
drehte ich den Benzinhahn nach vorn und sah, wie Benzin nachlief. Ach, du lieber
Himmel, also Reserve war´s. Das Problem mit dem Fünften
blieb
natürlich weiterhin bestehen. Ich beschloss nur noch bis zum Vierten
hochzuschalten. Ob das Getriebe das Durchhalten wird? Die Fahrt war dadurch
alles
andere als entspannend. Und bei 75...80 km/h hingen uns die LKWs am Hinterrad
und versuchten uns in aggressiver Weise von der Fahrbahn zu
drängen.
Als wir letzten Endes unversehrt vor der Haustür standen, fielen wir uns in die
Arme ... geschafft!
Die Tour
war anstrengend, aber erlebnisreich. Gabi schwärmt vor allem von den Tagen am
Schwarzen Meer. Wir freunden uns langsam mit dem Gedanken
an,
künftig kürzer „zu treten“. Es müssen nicht mehr über 5000 km sein, es gibt
genügend lohnende, schöne Ziele, die näher liegen und demzufolge auch keine
zusammenhängenden
vier Wochen Zeit mehr erfordern
Schaun´wir
mal ...
Lothar und
Gabi, Dezember 2024
Oberhalb von Braşov(RO)