„Und wo
fahren wir nächstes Jahr hin???“ lautete Gabis Frage nach jeder unserer
gemeinsamen Motorradreisen. So auch im Herbst 2022.
Ich: „Nach
Albanien! Denn im Vergleich zu den Touristenmagneten Kroatien oder Griechenland
geht es dort sicherlich noch einigermaßen beschaulich zu.“
Kurz
darauf hatte offenbar alle Welt von unseren Plänen Kenntnis genommen: Die
Medien handelten Albanien als „heißesten Reise-Tipp“ des Jahres 2023
und
überschlugen sich darin geradezu. In jedem Wartezimmer schlugen mir die bunten
Titelseiten mit den traumhaften albanischen Adria-Stränden entgegen.
Im
Frühjahr 23 war ich deshalb drauf und dran, unsere Pläne zu begraben.
Glücklicherweise kam es nicht dazu.
Ende Juli
machten wir uns auf. 30 Tage waren für die gesamte Reise eingeplant. Das 2T-Öl
für die kleine ETZ und die anderen „Kleinigkeiten“, die Gabi
für
wichtig befand, waren zusammengestellt. Es konnte losgehen. Gabis GZ125 hat
70.000 km auf der Uhr und meine ETZ inzwischen 170.000 km.
Mit 7 kg
pro Koffer und 12 kg pro Tasche kamen wir auf
etwa 40 kg Gesamtgepäck.
Die ersten
Unterkünfte bis Kroatien waren reserviert, danach haben wir es – wie gewohnt -
dem Zufall überlassen. Die täglichen Reiseetappen
bewegten
sich zwischen 200 und 350 km. Die Reiseroute (4 500 km) lässt sich auf der
Karte kaum kleiner darstellen, will man noch etwas erkennen.
Tut mir
leid, wenn sie oben und unten am Bildschirm aneckt.
Die erste
Etappe führte uns nach České Budějovice
(Budweis). Die Temperatur um die 22°C war äußerst angenehm zum Fahren. Kaffee
und
deftiger Imbiss sind in Böhmen kein Problem. Bei Příbram kommt der
erste obligatorische Wolkenbruch, der uns in voller Montur aber nichts
ausmacht.
Nach der
Ankunft im Hotel „Adler“ pilgern wir in die Altstadt von Budweis. Bei
früheren Aufenthalten hat uns stets die Minipivovar auf der
Krajinská-Gasse
begeistert. Das muss ja nicht für alle Ewigkeit so sein, aber die
Befürchtungen zerstreuten sich: Nach wie vor, sehr zu empfehlen!
Ich liebe die
böhmischen Biere, lediglich das Budweiser ist nicht mein Fall. Und das weiß es
auch: Traurig und flott sank seine Blume früher im Glase
vor mir
ein. Das hausgebraute, ungefilterte Bier der Minibrauerei ist dagegen ein
unvergleichlicher Hochgenuss!
Den
kleinen Braunbär hat uns übrigens unsere Enkeltochter(9) gebastelt und uns als
Talisman mit auf die Reise gegeben.
Gegen
6:30 Uhr werden wir von Blitz und Donner sowie lautem Starkregen geweckt.
Der Sachse würde sagen: „Es dreejscht“. Ein Blick aufs
Regenradar
zeigt, dass der Spuk nach 9 Uhr weitgehend vorüber sein sollte. Der kleine
Parkplatz hinter dem Hotel hat sich in einen See verwandelt.
Erst
einmal hübsch machen ... frühstücken gehen ... wird schon ...
Die
Motorräder sind gerade bepackt, da beginnt es wieder wie aus Kannen zu
schütten. Wir warten 10 min. Es wird kaum besser. Wir fahren los, doch
das Navi
startet eine gefühlte Ewigkeit nicht. So halte ich mich erst mal entsprechend
der Beschilderung Richtung Linz. Es dauert sehr lange, bis es
endlich
seine Satelliten gefunden hat. Glücklicherweise lag kein Defekt vor, es waren
wohl die dicken Regenwolken!
Auf der
schmalen eisernen Kastenbrücke bei Mauthausen queren wir östlich von Linz
die Donau bei schönstem Sonnenschein. Über den Bergen
erwartet
uns wiederum nichts Gutes. Abermals geraten wir in der Nähe des Steyr-Durchbruchs
unter die Dusche. In Spital am Pyhrn scheint aber
wieder die
Sonne, es ist wie im April!
In Selzthal
bei Liezen ist „Tote Hose“. Drei Kilometer weiter jedoch können wir im
kroatisch orientierten „Vidimo se“ hervorragend speisen.
Der
nächste Tag beschert uns bei idealem Wetter eine wunderschöne Strecke durch die
Alpen. Von Trieben aus müssen die Motorräder den
steilen
Pass nach Hohentauern hinaufklettern. Der Wunsch nach einem Kaffee am
Restaurant „Passhöhe“ bleibt unerfüllt: „Verkürzte
Öffnungszeiten
wegen Personalmangels“. So genießen wir den schönen Panorama-Blick bei einem
knackigen Apfel, der sich noch im Gepäck fand.
Im Sommer
sieht es hier ziemlich verwaist aus, im Winter ist dafür sicher Hochbetrieb.
Weiter
geht es abwärts ins Pölstal! Im Einkaufs-/Gewerbegebiet von Murau
gibt es einen halben Broiler, Kaffee und Cola. Auf der Nordseite entlang
des Oissacher
Sees fahren wir auf Villach zu. Ein wenig stop-and-go zum Montag
durch Villach, aber es geht schon. Wir müssen von Nord nach Süd
durch die
ganze Stadt. Knapp 15 km später erreichen wir die Pension „Waldy“, die uns
schon einmal 2002 - am Fuße des Wurzenpasses gelegen – mit
der Tafel
„Bikers welcome“ zum Übernachten einlud. Herr Waldy sen. beging vor kurzem
seinen 92. Geburtstag, schön, dass wir ihn noch einmal bei
geistiger
Frische antreffen konnten. Inzwischen hat der Nachwuchs das Geschäft
übernommen. Warum bei der „Jause“ die Verkleinerungsform „Brettl“
benutzt
wird, bleibt ein Rätsel ...
Schon nach
wenigen Kilometern erreichen wir die österreichisch-italienische Grenze Unterthörl/Coccau Valico. Die Strecke führt durch Tarmisio,
dann viele
Kilometer durch das malerische aber ebenso verlassene und dadurch ein wenig
unheimlich wirkende Kanal-Tal. Der Rio
del Lago,
dessen breites,
steiniges Bett jetzt im Sommer besonders gut sichtbar ist, begleitet uns
rechterhand über eine weite Strecke. Wir überqueren den
Predil-Pass, der die
Grenze zwischen Italien und Slowenien bildet. An den Tankstellen gibt es keinen
frisch gebrühten Kaffee, so verzehren wir unser
mitgenommenes
Frühstücksbrötchen mit einem Rest Apfelsaft an der Bushaltestelle in Avber, das
weiter weg liegen muss, denn es waren partout
keine
Häuser zu sehen..
Vielleicht
hat sich jemand beim Betrachten der Reiseroute über den unerklärlichen Schwenk
nach Istrien gewundert: Die Familie unserer Tochter ist
dort im
Urlaub, und wir haben die Möglichkeit, für zwei Tage in ihrer Ferienwohnung
unterzukommen. Mit einem kühlen kroatischen Willkommensbier
werden wir
herzlich begrüßt. Zum Abend geben die „Hauseltern“ Marino und Nevenka einen
„kroatischen Abend“ mit zahlreichen leckeren Gängen.
Wir sind
dazu ebenfalls eingeladen. Beim guten selbstgemachten „Malvasier“ müssen wir
irgendwann die Notbremse ziehen, sonst ... naja.
Ein Tag
bleibt uns hier für einen Abstecher zum „betrunkenen Gleis“ (Pijana pruga)
und an
einen angenehm gering frequentierten Badestrand (Bobina Beach), bevor
es am
nächsten Tag Richtung Rijeka weiter geht.
Wir fahren
nach Pacin und dort auf die fast leere Autobahn, um nicht in den
Großstädten
Opatija und Rijeka stecken zu bleiben. Dadurch kommen wir sehr
gut voran.
Während der Fahrt war mir nicht klar, wie weit wir noch hinter Rijeka
auf der
Autobahn [A7] bleiben können. Bei Bakar verlasse ich sie aus einem
Bauchgefühl
heraus. Das war – wie sich zeigte – genau richtig. Ab jetzt sind wir
auf der Jadranska
magistrala [D8/E65], die uns entlang der Adria-Küste Richtung
Zadar bringen
wird.
Gabi hält
unterwegs plötzlich an. Sie berichtet von einem Knall in der Nähe ihres
Seitenständers.
Ich untersuche den Ständer und dessen Umgebung, kann aber
nichts
Verdächtiges entdecken. Ein späteres Nachspannen der Kette half jeweils
einige
hundert Kilometer, was jedoch ein durchaus bedenklich kurzes Intervall ist.
Ich hatte
Sorge, dass etwas mit der Kette passieren könnte, wir waren ja erst auf
der
Hinreise! Die endgültige Diagnose konnte ich erst stellen, als wir wieder
zu Hause
waren: Die Kette sprang über das völlig abgelutschte Ritzel am Motor über.
Es wird
zunehmend heißer, wir kochen in unserer Kluft. Nach einem Halt bei der
Quartiersuche will die ETZ nicht mehr. Kerze gewechselt und das
Problem
hatte sich glücklicherweise für die gesamte Reise erledigt. In Devčić
draga finden wir eine Bleibe direkt an der Küstenstraße.
Abendessen
und Stimmungsaufheller besorge ich in der 15 km entfernten Kaufhalle „Tommy“ in
Tribanj-Sibuljina.
Von deren
Terrasse beobachten wir den Sonnenuntergang vor der Insel Pag.
In Starigrad-Paklenica
tanken wir heute zum ersten Mal. Nebenan gibt es zwar Kaffee, aber leider
nichts zu essen, wir sind ja ohne Frühstück
losgefahren.
Beim Kaffee treffen wir einen Magdeburger Motorradfahrer, der auf der Heimreise
ist. Er kann es gar nicht fassen, dass wir mit 125+150
unterwegs
sind. Bei unserer kurzweiligen Unterhaltung erfahren wir, dass sein Mitfahrer
bereits nach Hause musste, um seine Maschine von hier
per Auto
und Anhänger abzuholen, weil man für die 12 Jahre alte Suzuki das nötige
kleine Ersatzteil nicht mehr auftreiben wollte(!).
Das gibt
mir zu denken. Gabis Suzi ist inzwischen 23 Jahre alt, und ich hatte immer
das sichere und gute Gefühl, dass auf der ganzen Welt jede
Suzuki-Werkstatt
geradezu darauf wartet, ihr Motorrad reparieren zu dürfen. Hmmm, dann ist es ja
wie bei der ETZ, es bleibt nur: Hilf dir selbst!
Um zügiger
voran zu kommen, gehen wir ab Maslenica auf die Autobahn [A1] Richtung Zadar
bzw. Split. Es läuft gut, aber der heiße und anhaltend
starke
Südwind bremst die ETZ mächtig aus. Ich komme einfach nicht auf Drehzahl, um im
5. Gang bleiben zu können, oft muss ich runterschalten.
Gabis
Suzuki hat mit ihrem breiten Leistungsband weniger Probleme. Ich ignoriere mal
wieder die alte Erfahrung, dass die ETZ in solcher Situation
ausgesprochen
durstig ist. Und natürlich – wie das so immer ist – bleiben die rettenden
Tankstellen gerade dann aus.
Aus Not
fahren wir in Zagvozd ab und können glücklicherweise in Imotski
tanken. Gerettet! In Rogotin bei Ploče (Neretva-Delta) finden wir
sofort
ein
angenehmes Zimmer. Abendessen gibt es wenige Schritte weiter im Restaurant
„Teta Olga“. Auf dem Rückweg werden wir wegen unserer
neugierigen
Blicke in den Weinkeller von Ante Glamuzina „entführt“. Sein anwesender Freund
spricht ausgezeichnet deutsch und dolmetscht.
Beide sind
studierte Elektrotechniker und Ante betreibt als Pensionär seinen – nach meiner
Einschätzung voll professionellen – Keller.
Bei dieser
Parallelität der Interessengebiete ist es nicht verwunderlich, dass wir im
Anschluss des Kellerbesuchs den Rest des Abends in unserem
Motel bei
angeregter Unterhaltung gemeinsam verbringen.
Nachts um
2 gewittert es, und es gießt mal wieder wie aus Kannen. Gabi bemerkt das Unwetter.
Auf dem Balkon stehen noch Sachen, die
nass
geworden sind. Das Gewitter zieht ab, aber es regnet kräftig weiter bis zum
Aufstehen. Sachen packen, Kaffee und Croissants, und es
regnet
immer noch. Wir warten – startbereit – noch eine Viertelstunde im Café. Dann
fahren wir los. Kräftigen Schauern können wir nicht mehr
aus dem
Wege gehen. Über dem Neretva-Delta treiben dunkle Wolken, die ihre Last
abwerfen. Aber, je weiter wir auf Dubrovnik zu
kommen,
desto trockener und freundlicher wird es. Seit gestern ist die Temperatur von
33 °C auf 20 °C gefallen, was wir – einige Tage Hitze
gewöhnt
– als unangenehm kühl empfinden.
Schon
viele Kilometer vor der montenegrinischen Grenze steht
alles bzw.
rückt nur im Schritttempo vorwärts. Wir fahren jenseits
der
Sperrlinie an der kilometerlangen Schlange vorbei. Kommen
LKWs oder
Busse im Gegenverkehr auf uns zu, müssen wir ein-
scheren.
In Rechtskurven stecken wir im Schneckentempo in
der
Blechlawine, da keine Sicht auf den Gegenverkehr möglich ist.
Noch
ahnten wir nicht, dass wir mit solchen Situationen
in den
Städten Albaniens regelmäßig konfrontiert werden
Mit der
Fähre Kamenari/Lepetane kürzen wir die Strecke
etwas ab.
Ein Stück weiter
haben wir einen wunderschönen Blick auf „Sveti Stefan“. Die „Insel“ wird von
einer großen Hotelkette bewirtschaftet. Eine
spontane
Besichtigung ist nicht ohne weiteres möglich. Die zahlungskräftigen Kunden (bis
zu 3000 €/ Nacht) möchten verständlicherweise
Ihre Ruhe
vor den Touris haben.
Stau ...
Stau ... Stau ... Bis kurz vor Budva halten wir das aus. Es geht auch schon auf
18 Uhr zu. Wir beziehen ein „sehr einfaches“ Zimmer
in Prijevor
- Abendessen im Restaurant „Šebelj“ – Feierabend ...
Schon in
der Nacht bemerkten wir in der Ferne das Wetterleuchten. Zum frühen Morgen hat
der Himmel mal wieder alle Schleusen geöffnet.
Aufstehen
wird verschoben, es hat eh keinen Zweck...
Ein Lichtblick am südlichen Himmel! An den Bergen landeinwärts stauen sich
die
Wolken und
regnen sich dort ab. Hier ist es frisch geworden, aber nicht unbedingt kalt.
Der Sprühregen hat nachgelassen, wir packen und
bekommen
sogar noch eine Tasse „Türkischen“ angeboten.
110 km
sind es bis Shkodër, der ersten größeren Stadt in Albanien, dafür
bräuchten wir höchstens 2½ Stunden. Es werden jedoch 6.
Es ist zum
Mäusemelken: Endlos-Stau in Richtung Budva und darüber hinaus. Wir
fahren über weite Strecken links neben der
durchgezogenen
Linie an der Autoschlange vorbei. Kurz vor der montenegrinisch-albanischen
Grenze gibt es einen entspannenden Imbiss
im
empfehlenswerten „Lamiga Doo“-Center.
Endlos-Stau
vor der Grenze, also: Links vorbei! Es ist nicht ungefährlich, und wir wissen
noch nicht, wie die Fahrer hier in der Region
üblicherweise
reagieren. An der Grenze schreibt ein Beamter unsere Kennzeichen auf kariertes
Papier ... das war die ganze Abfertigung!
Wir sind
in Albanien! - Oder, wie das Land in der Landessprache heißt: Shqiperia.
Stau bis Shkodër!
Es sind nur noch reichlich 10 km. Kinder und Frauen mit Babys im Arm
betteln an den Autos, solche Bilder haben
wir jedoch
später nie wieder gesehen! Die Sonne brezelt
heftig, und wir stecken quasi fest. Die Autoschlange wälzt sich
glücklicherweise
Richtung Tirana
weiter, in der Innenstadt von Shkodër geht es einigermaßen. Als wir
schon wieder nördlich in Richtung Koplik
rausfahren,
entdecken wir das kleine Hotel „Buza“. Von hier ist das Stadtzentrum fußläufig
zu erreichen und auch für die geplanten Ausflüge
ist es der
optimale Ausgangspunkt. Frühstück wird es ein paar Meter weiter in einem
kleinen Bistro geben. Alle Zimmer des Hotels
beeindrucken
durch ihre unterschiedliche Gestaltung mit vor die Wände gesetzten Elementen
und farbigem Licht. Hier hat der Innenarchitekt
eine
preiswürdige Arbeit abgeliefert.
Ein erster
Ausflug führt uns zur gut erhaltenen osmanischen Steinbrücke (Ura e
mesit in der Ortschaft Boks) aus dem 18. Jh.
Bei der
Ausführung des Bauwerkes muss man bedenken, dass in der Zeit der Schneeschmelze
die Wassermassen aus dem Gebirge
hinunter
Richtung Adria stürzen und sie diesem Ansturm über die Jahrhunderte standhielt!
Ganz in
der Nähe der Brücke probieren wir Qebap, die hüllenlose gegrillte
Hackfleischwurst, die in ein aufgebackenes Baguette-Brötchen, wie bei uns
die
Bockwurst, eingelegt wird. Schmeckt gut, ist aber ziemlich trocken, man braucht
Wasser zum Nachspülen. Die Brücke ist zweifellos ein Touri-Magnet,
insofern
sind auch Wechselstuben nicht weit. Man kann leicht rechnen 1 € = 100
albanische Lek. In größeren Städten gibt es Bankomaten, die jedoch
ziemlich
hohe Abhebegebühren einfordern. Man kommt rasch über 10%, wenn man dabei noch
den Fehler macht, in € abrechnen zu lassen.
Vielerorts
ist es jedoch möglich, mit Kreditkarte gebührenfrei (ausgenommen die Gebühren
der eigenen Hausbank) zu bezahlen. In Pensionen oder Hotels
werden
auch gern bare € genommen. Es ist also - nach unserer Erfahrung - nicht
verkehrt, das bekannte „Bargeld-am-Mann-Risiko“ weitgehend auszureizen.
Für den
Abstecher nach Thet in die „albanischen Alpen“ ist das Wetter heute
perfekt. Über Koplik erreicht man die sehr gut ausgebaute Straße [SH21].
Das ist
noch nicht lange so, vor wenigen Jahren war deren Zustand katastrophal und an
manchen Stellen in der Nähe des Passes Qafa e Thorës
geradezu
gefährlich. Das Hochtal ist wahnsinnig schön, man möchte aller hundert Meter
zum Fotografieren anhalten.
War Thet
vor Jahren noch ein beschaulicher, kaum besiedelter und schwer erreichbarer
Ausgangspunkt für abenteuerliche Bergtouren oder Talwanderungen,
so scheint
es heute auf Grund der ausgebauten Straße förmlich zu explodieren. Restaurants
und Pensionen schießen wie Pilze aus der Erde.
Beim
nächsten Tankstopp wundere ich mich: Nanu, schon so viele Ölflaschen
aufgebraucht, das kann doch gar nicht sein? Doch, ist so! Für die Reise
hatte ich
gerechnet: 5000km / 4,5L/100km
/ 1:100 ->
macht aufgerundet 2,5 L Öl, also 5 Halbliterflaschen.
Ich fall
vom Glauben ab: Tatsächlich sind es aber nur 0,33er Flaschen, die in meinem
Koffer stecken. Also fehlt ein knapper Liter. Wir bereiten einen Zettel
auf
google-albanisch vor: „Öl für 2-Takt-Motoren zum Mischen???“ Mehrmals die gleiche Reaktion: Der Tankwart
dreht den Zettel hin und her, schaut uns
ernst und
ungläubig an und schüttelt schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit seinen
Kopf. War der Text unverständlich? Ist das Lesen nicht so deren
Sache?
Schließlich sehe ich an einer Tankstelle einen Aufsteller mit Ölflaschen, von
weitem schon sticht das 2-T ins Auge. Genau das! Schnell gekauft und
eingepackt. Das war ein Fehler.
Beim
späteren Öffnen vermisse ich den Knack der Unversehrtheit. Der Blick hinein
verrät: Zu 2/3 gefüllt. Der eklige Geruch schließlich: Auto-Alt-Öl!
Das Öl ist
zumindest klar und schimmert etwas rötlich durchs Graue. Also gepanscht! Ich
mische die Brühe gleichmäßig auf meine restlichen Flaschen.
Die ETZ
ist zweifellos eine „starke“ Maschine, hart im Nehmen und die Ölfrage wird
sowieso immer überbewertet ...
Stadtbummel
in Shkodër: Kommt man – so wie wir – vom Außenbezirk ins Zentrum, fällt
der unsägliche Müll auf den Straßen ins Auge. Das scheint
hier fast
überall ein Problem zu sein. Wir entdecken aufregende Ensembles von Baustilen. Im
Zentrum erahnt man auf den weiträumigen Plätzen die
angedachte
sozialistischer Gigantomanie. Aber „um die Ecke“ findet man auch eine hübsche
Fußgängerzone, deren Kaffees zum Verweilen einladen.
Unser
nächstes Ziel ist die Stadt Prrenjas unweit des Ohrid-Sees im Osten
Albaniens. Schon früh am Morgen ist es sehr heiß. Durch Shkodër
stecken
wir im üblichen Stau. Wenn der Verkehr mal fließt, bekommen wir einen Eindruck
vom albanischen Stadtverkehr: Chaotisch! Aber irgendwie
schwimmen
wir mit und machen uns die ungeschriebenen Regeln zu eigen. Links und rechts
überholen, dazwischen quetschen usw. Nur die
einheimischen
Mopeds fahren waghalsiger und sind damit schneller als wir. Die [SH1] nach Tiranë
geht ab Lezhë in die mautfreie Autobahn [A1] über.
In der
Hauptstadt hat sich viel verändert. Mein Becker-Navi mit lebenslangen Updates
wurde vor knapp 10 Jahren letztmalig aktualisiert. Beckers
Leben war
leider kürzer als lang. Wir fliegen auf dem Bildschirm mitten durch die Stadt
über Kreisverkehre, Nebenstraßen und ehemalige Brachen.
Diese
Verkehrsführung kennt es noch nicht. Großstädte sind für uns Motorradfahrer
wenig attraktiv, wir müssen einfach nur durch.
Die
Autobahn nach Elbasan [A3] kann noch nicht so alt sein. Bei der
minimalen Verkehrsdichte müssen wir mit den kleinen Motorrädern keinesfalls
um unser
Leben fürchten, es fährt sich ausgezeichnet. Auch die Infrastruktur an der [A3]
lässt nichts zu wünschen übrig. In Elbasan gerät das Navi in eine
Zyklusschleife.
Da hilft nur noch das GPS im Kopf und wir finden raus. Die Symbiose der
Tankstelle mit dem Hotel „Kompleksi Tirona“ in Prrenjas ist
ideal. Da
wir auf Kartenzahlung bestehen, dies aber im Hotel offenbar nicht möglich ist,
werden wir kurzerhand an die Tankstelle geführt. Der Tankwart
steckt die
Karte rein und wir haben ausreichend Bargeld. Das nenne ich Pragmatismus. Die
Riesengaststätte im Hotel ist verwaist. Während der
C-Krise
hat sich – wie an vielen anderen Stellen auch - das Personal neu orientiert.
Aber wenige Schritte entfernt befindet sich die außerordentlich
empfehlenswerte
„Taverna Mimi“: Ausgezeichnete Speisen, überaus freundliche und sympathische
Bedienung.
Eine Runde
um den wunderbaren Ohrid-See ist obligatorisch.
Von Prrenjas
durchfährt man zunächst den Ort Urakë. Dort
spritzt
das Wasser aus zahlreichen Schläuchen neben der
Straße und
lädt die Autofahrer zur Wagenwäsche ein.
Lt.
Reiseführer ist der Wasserreichtum einem versehentlich
angebohrten
unterirdischen Reservoir zu verdanken.
Hinter dem
Pass Qaf thane hat man einen beeindruckenden
Panoramablick
zum Ohridsee-
Der
übliche Verkehrsinfarkt in Pogradec. Zudem ist heute Markttag. In einer
Seitengasse beim Trödelmarkt finden wir endlich einen Parkplatz für die
Motorräder.
Es bleibt zu hoffen, dass alle Teile dranbleiben und nicht in den Auslagen auf
dem Bürgersteig landen.
Kurz
hinter Pogradec queren wir die albanisch-nordmazedonische Grenze. Die Straße
wird schmaler, kurviger, kurzum: schlechter, bleibt aber trotzdem
gut
befahrbar. Wir empfanden es übrigens schon seit Montenegro ungemein angenehm,
die kyrillischen Aufschriften mühelos entziffern zu können
und –
meistens – auch zu verstehen. Der obligatorische Russisch-Unterricht in der
Schulzeit – von den meisten abgrundtief gehasst - hatte durchaus
was
Nützliches. Letztlich ist dadurch auch ein wenig Basis-Slawisch hängen
geblieben.
In Peshtani
(Πeштaни) lockt uns das rekonstruierte Urzeitdorf
„Bay Of Bones“ auf dem Wasser (Залив
на коските) zu einem
Besuch. Doch wir haben
nicht
einen ... verdammt!, wie heißt das Geld überhaupt hier? Irgendwie klappt es mit
dem Bezahlen des Eintritts dann aber doch noch per Karte.
Das
Brautpaar wusste die reizenden Motive zu schätzen und ließ sich hier
professionell ablichten. Gabi raunte mir zu: „Die Braut sieht aber hübsch aus“.
Die Braut
antwortete in akzentfreiem Deutsch: „Danke sehr!“
Hmmm,
nochmal gut gegangen, also Vorsicht im Umgang mit deutschen Kommentaren ... Es
war letztlich schon unsere Beobachtung, dass sich in den
Ferienmonaten
viele im Ausland – resp. Deutschland - arbeitende Albaner, Kosovaren und
Mazedonier in ihrer Heimat aufhalten.
Ohrid
(Oxрид) ist ein märchenhaftes Städtchen, quasi ein lebendiges
Museum. Viel zu wenig Zeit blieb uns für den Bummel durch die Altstadt.
Hier
müsste man sich einfach mal mehr Zeit nehmen. Aber wir müssen möglichst noch im
Hellen zurück nach Prrenjas.
Die Sonne
taucht hinter dem Gebirgshorizont ab. Es wird empfindlich kühl. Bis zur
albanischen Grenze auf dem Pass Qaf thane werden wir ordentlich
schockgefrostet.
Gabi hat sich sicher hier ihre 3-Tage-Erkältung geholt. Abwärts nach Prrenjas
wird es wärmer und die Sonne taucht wieder auf.
Heute steht
uns die kürzeste Etappe mit nur 70 km von Prrenjas nach Korça
bevor, und davon geht es sogar noch einmal über ein Stück bekannter
Strecke,
nämlich den Qaf thane und die Stadt Pogradec. Hinter Pogradec
steigt die Straße auf eine kleine Anhöhe, von der man einen schönen, letzten
Blick auf
die Stadt hat, dann erwartet uns flaches Land bis Korça. Im Hotel
„Relax“ bekommen wir sofort ein Zimmer. Der Name wird für uns zum Programm.
Im Landesinnern
kommt man übrigens i.d.R. auf 30 ,,, 35 € DZ o. Fr. Wir können mit Karte
zahlen, doch der Kartenleser ist kaputt, wird bis Montag repariert!
Korça ist eine
hübsche Stadt, in der man sich nicht langweilen muss. Sehenswürdigkeiten sind
der Alte Basar, die Moschee „Iliaz Bej Mirahori Mosque“ und
die
griechisch-orthodoxe Kirche „Ringjallja e Krishtit“. Von letzterer führt eine
von umhäkelten Laubbäumen gesäumte Flaniermeile ins Stadtzentrum.
Ein – aus
unserer Sicht – Problem sind die vielen Hunde, die überall in der Stadt
herumlümmeln. Ein Kellner erzählte uns, dass deren Versorgung und
Wohlergehen
sogar von der Kommune aus Steuergeldern finanziert würde. Mit einem Seufzer
fügte er hinzu, dass es denen mitunter besser ginge als
manchem
bedürftigen Einwohner von Korça. Es ist Montag, der Kartenleser ist
übrigens immer noch kaputt.
Der „Red
Tower“ im Zentrum ist etwas Merkwüdiges. Von einem deutschen Architektenkollektiv
entworfen, machte er auf uns leider den Eindruck eines
deplatzierten,
vergrößerten 10-m-Sprungturms. Wie es in südlichen Ländern leider oft der Fall
ist, fallen bedeutende Bauwerke nach der feierlichen
Einweihung
nicht selten dem Verfall anheim. Als wir nach mehreren vergeblichen Anläufen
schließlich doch mal in den Turm konnten, fanden wir die
Inneneinrichtung
inklusive Aufzug verwüstet vor. Aber einen fantastischen Rundum-Blick hat man
natürlich von oben.
Von Korça
aus sind wir ins knapp 20 km entfernte Voskopojë gefahren. In seiner
Blütezeit im Mittelalter soll es einige Zehntausend Einwohner beherbergt
haben. Von
der einstmaligen Vielzahl an Kirchen ist ein halbes Dutzend erhalten geblieben.
Leider kamen wir – bis auf eine Ausnahme – in keine einzige
rein, um
das Innere zu bewundern. Die Ausnahme war eine, in der eine Kommunion
stattfand, bei der wir uns einfach unter die wild mit ihren Mobiltelefonen
fotografierenden
Gäste mischten und damit kaum auffielen. Am Wegrand blüten wunderschöne
Exemplare des Woll-Fingerhutes (Digitalis lanata), vielleicht
keimen
nächstes Jahr ein paar der mitgebrachten Samen in unserem Garten.
Heute ist
Dienstag, wir wollen weiter. Der Kartenleser ist noch immer kaputt. Was nun?
Schließlich gibt es auch hier eine ähnlich pragmatische Lösung
wie in Prrenjas
in Kooperation mit einem großen Hotel ...
Auf dem
Programm steht heute die Süd-Route nach Berat, hauptsächlich über die
[SH75]. Wir kommen gut aus Korça raus. Allerdings dauert es nicht
lange, und
die Straßenverhältnisse verschlechtern sich zunehmend. Na gut, sieht aus wie
Baustelle zur Straßensanierung. Die Bankette wurden mit
grobem
Schotter verbreitert. Allerdings dummerweise meist auf unserer Seite, so dass
wir bei Entgegenkommern auf der schmalen Straße in der Regel
in das
Packlager ausweichen müssen.
Anstatt,
dass die Baustelle irgendwann mal aufhört, verschlechtert sich der
Straßenzustand kontinuierlich, je weiter wir kommen. Mehr als 5 ... 15 km/h
sind oft
nicht drin, um den Löchern, Asphaltausbrüchen und Geröllhaufen auszuweichen.
Gabi hat es mit ihrer Chopper ungleich schwerer als ich mit der
wendigeren
ETZ. Die Suzi mit ihren dicken Reifen will dahin fahren, wo SIE hin will und
nicht Gabi.
Als wir
lt. Navi in einen üblen Feldweg einbiegen sollen, prüfe ich die Einstellungen.
Oh Mist, da waren die unbefestigten Wege als Option noch erlaubt.
Also raus
damit! Doch ich traue meinen Augen nicht, aus den ursprünglichen 200 km bis Berat
werden auf einmal 300 km. Die Lust am Fahren sinkt,
Gabi hat
verständlicherweise kaum noch Blicke für die atemberaubende Gebirgslandschaft.
Besonders gemein sind die steil abfallenden, geröllbelegten
Innenkurven
in den Spitzkehren. Ein bisschen holprige Strecke ist ja im Normalfall nicht
schlimm, aber es sollte 150 km genau so weiter gehen, bis wir
wieder auf
eine zügig befahrbare Straße gelangten.
An
größeren Orten haben wir eigentlich nur Ersekë und Leskovik wahrgenommen.
Ansonsten ging es zig Kilometer durchs nowhere-land.
Ab Çarçovë
folgen wir mit der [SH75 ] dem Fluss Aoos und kurz vor Tepelena
stoßen wir endlich auf die perfekt ausgebaute [SH4], aber es sind
noch immer
120 km bis Berat. Es wird heute sehr spät werden! Bei Floq/Cakran
verlassen wir die [SH4] und kürzen die Strecke auf einer schmalen
Landstraße
ab. Sie windet sich wie auf einem Ziegenrücken Richtung Fier und bietet
großartige Blicke auf Täler, Wälder, Olivenhaine - solange man
noch einen
Blick dafür hat ...
Wir
treffen im vom Touristen-Tsunami überfluteten Berat ein und ahnen, dass
die Quartiersuche schwierig bis aussichtslos ist. Es geht schon auf die
Dämmerung
zu. Die Anfragen in den Unterkünften fallen reihenweise negativ aus. Wir
zwängen die Motorräder vor dem Hotel-Restaurant „White House“
am
Straßenrand zwischen parkende Autos und kaufen etwas zu trinken. Der Barkeeper
liest unsere Probleme scheinbar von unseren Augen ab:
„Moment“,
sagt er in passablem Deutsch, „ich telefoniere mal“. Er wählt Nummer für
Nummer, und jedes Mal erkennen wir: Belegt!
Doch dann
hellt sich sein Gesicht plötzlich auf ... da ist was! Ein junger Mann würde uns
an der Fußgängerbrücke abholen. Wir warten an der
vereinbarten
Stelle gefühlt eine halbe Stunde, das wird wohl nix mehr ...
Doch dann
kommt er. Wir sollen ihm folgen, knattern über die Fußgängerbrücke, die über
den Ossum führt. Es geht durch schmale Gassen im Stadtteil
gegenüber
der Burg steil aufwärts. Wir folgen in Schrittgeschwindigkeit. Am Ende ist es
so steil, dass es mit den bepackten Motorrädern schwierig wird
und
ohnehin keine ebene Stelle zu finden ist, wo man sie umfallsicher abstellen und
entladen könnte. So schleppen wir - mit seiner Hilfe - unsere 40 kg
Gepäck den
Berg hinauf. Uff, das ging vor 40 Jahren mal leichter ...
Und was
nun???
Unglaublich!!!
Wir haben
das schönste Zimmer von ganz Berat in der Pension „Elena“ bezogen!!!!
Inzwischen
ist es dunkel geworden und die erleuchtete Altstadt liegt uns zu Füßen
Es ist
völlig klar, dass ich als
verantwortlicher
Streckenmeister
heute für
die [SH75] zu einer
teilweisen
Wiedergutmachung
verpflichtet
bin.
Im Restaurant „White House“
bietet
sich Gelegenheit, dies
mit einem
opulenten Dinner
zu
erreichen.
Die
Gaststätte ist klimatisiert,
die Küche
fantastisch und
der
bedienende Kellner von
„alter
Schule“. Wir waren nicht
nur einmal
dort!
Würstchen
seltenere Zugaben, meist wird dafür ein kuchenähnliches Gebäck gereicht. Als
ausgesprochene Herzhaft-Esser lässt sich das (nur) eine
begrenzte
Zahl von Tagen ertragen.
Gabi nutzt
die Gelegenheit, ihre gestern erlittenen seelischen Traumata von der [SH75] in
unserem Reise-Tagebuch aufzuarbeiten. Sie meint,
auf der
Strecke sei ihr der Ohrid-Schnupfen abhanden gekommen. Vermutlich ausgeschwitzt
...
Genug der
Gebirge, jetzt geht es an den Strand nach Lezhë! Von Berat aus
über Durrës sind es etwa 150 km, also eine gemütliche Tagesetappe.
Das Hotel
„Ambasador“ liegt direkt gegenüber der Einmündung der
Franz-Joseph-Strauß-Straße (Rruga Shtraus). Die Hotelpreise an der Adria
streben
mathematisch
gesehen auf eine positive Polstelle zu, unter 90 € kommt man hier als Tagesgast
nicht davon.
„In
Albanien gehe ich zum Frisör“, hatte ich einige Male leichtfertig verkündet. Wenn
nicht jetzt, dann wird es nicht mehr in Albanien. Für 1/10 des
deutschen
Preises bekomme ich einen perfekten (sagt Gabi) Haarschnitt in 4:27min (;-).
OK, also erfolgreich abgehakt.
In Shëngjin,
5km von Lezhë entfernt ist ein sehr schöner Strand. Die Sonne scheint,
das Wasser ist klar und angenehm. Mit den Hotels hinter uns
sieht es
hier genauso aus, wie „hunderttausende“ Kilometer rund um Adria und Mittelmeer.
Der Strand gleicht einer Sardinenbüchse, nur dass anstatt
Sardinen
sich hier die Badegäste in Sonnenöl drängeln. Jedes Hotel hat sein privates
Stück. Das ist nix für uns, drei Stunden sind genehmigt, dann
bloß
wieder fort von hier.
Ab Lezhë
ist nun endgültig die Heimreise
eingeläutet.
Die Grenzabfertigung
Han i
Hotit(AL)->(MNE)Božaj dauert nur
wenige
Minuten
Den ersten
Übernachtungsstopp legen wir am
Motorest
„Zaborje“ in Montenegro ein.
Den zähen
Kampf um eine funktionierende
Deckenbeleuchtung
im Zimmer konnten
wir gegen
das Personal gewinnen ...
Nach etwa
20 km erreichen wir Plužine, wo
noch mal
für bare € getankt werden kann.
Von hier
sind es etwa 50 km bis zur
bosnisch-herzegowinischen
Grenze.
Die Straße
ist nicht nur vom Zustand her exzellent, sondern landschaftlich einfach grandios.
Bis fast zur Grenze verläuft sie an der östlichen Wand des
tief
V-förmig eingeschnittenen Tals, das sich der Fluss Piva gegraben hat. An
unzähligen Engstellen führt die Straße durch mitunter nur grob in den Fels
gehauene,
finstere Tunnel. Auch der Verkehr hinter uns scheint die Schönheit dieses
Flusslaufs zu genießen, denn keiner drängelt von hinten oder überholt
uns auf
der langen Strecke.
Auch am
Übergang Шћепан
Поље(MNE)->(BIH)Hum werden wir in wenigen
Minuten abgefertigt. Doch was passiert jetzt? Gleich hinter der Schranke
beginnt
eine Straße, die stark an die [SH75] in Albanien erinnert. Glücklicherweise
dauert die Katastrophe diesmal nur 20 km bis Brod.
Nach Sarajevo
nutzen wir ein kleines Stück Autobahn und biegen dann nach Travnik
ab, wo wir Übernachtungsstopp 2 einlegen.
Vor Banja
Luka führt die landschaftlich schöne Strecke einige Kilometer am Fluss Vrbas
entlang. Da gibt es einen Fotohalt, wo wir von weit oben
auf eine
enge Schleife des Vrbas hinunterschauen können. Ein polnischer
Motorradfahrer, der uns auffällig lange begleitete, hält hier auch an.
Begeistert
teilt er uns mit, dass so eine ETZ sein erstes Motorrad war, und er es nicht
fassen kann, hier so einer zu begegnen. 7000 km liegen hinter ihm,
und er ist
auf dem Heimweg nach Krakow. Nach einer Weile packt er eine Video-Drohne aus
und filmt u.a. auch unsere Abfahrt. Unsere e-Mail-Adresse
hatte ich
ihm gegeben. Leider gab es bislang keinen Kontakt, vielleicht liest er hier mit
...?
Die Heimat
hat ihr Gummiseil gespannt: Die letzte Etappe Jihlava – Prag - Dresden über 400 km wollen wir in einem Zug
zurücklegen.
Dabei
fahren wir 300 km bei durchgängig anhaltendem Starkregen und dazu noch inmitten
des tschechischen Urlauberrückreiseverkehrs.
Wir
erreichen Dresden. Nur noch 10 min bis zur Haustür! Gabi bleibt ungewöhnlich
lange an einer Ampelkreuzung hinter mir zurück. Das geht doch
nicht mit
rechten Dingen zu! Wegen der geteilten Fahrbahn kann ich nicht sofort wenden
und zurückfahren, das kostet Zeit.
Da steht
sie und ihre Suzi auf dem Fußweg. Ich ahne Schlimmes. Tatsächlich hat es ihr
beim Heranfahren an die rote Ampel das Hinterrad weggezogen,
und sie
ist quasi in Schrittgeschwindigkeit mit dem Motorrad gestürzt. Im Nachhinein
vermuten wir, dass eine nicht erkennbare Ölspur (es war
bereits
dunkel) unter der regennassen Fahrbahn die Ursache gewesen sein könnte.
Vermutlich
der Fußbremshebel hat auf das rechte Bein gedrückt. Diagnose: Wadenbeinbruch.
Krankenhaus, Fixateur-OP, eine Woche später Metallplatte.
Gabis
Rückkunft aus Albanien hatte sich dadurch unfreiwillig um 14 Tage
Krankenhausaufenthalt verzögert.
Momentan
gibt es noch viele Physiobehandlungen, und einige der Schrauben wurden wieder
herausoperiert. Nun läuft sie bereits ganz
passabel
ohne Krücken.
Heute
fragte sie mich übrigens: „Und wo fahren wir nächstes Jahr hin???“
Lothar
und Gabi Dez. 2023