Silke setzt ihr Leben ein
Von Zeit zu Zeit wird die
Frage aufgeworfen, wozu die Planstelle der Sicherung Silke
im Erregerstromkreis des MZ-Drehstromgenerators
geschaffen wurde. Ist die denn
wirklich nötig? Gelegentlich
hört man dann hinter vorgehaltener Hand solcherlei
Vorwürfe wie: Jobmauschelei,
Lobbyismus, Sozialschmarotzertum...
Der folgende Text soll die
Aufgabe ihres Daseins begründen. Es wird klar werden,
dass sie zu unserer
Sicherheit sogar ihr Leben einsetzt. Zum Verständnis der
folgenden Ausführungen sind mathematische oder physikalische
Vorkenntnisse eher
hinderlich. Der Aufsatz wendet
sich besonders an diejenigen MZ-Fahrer, die in ihrer
Schulzeit viele Fächer legal
und den Rest – bis auf „Lesen“ - mental abgewählt
haben. Und die Geschichte geht
so:
Im Reglergehäuse sitzt das
Reglermännchen Rolf mit ´nem Voltmeter in der linken
Hand und ´nem Fass Magnetstrom, rechte Hand am Hahn.
Soweit klar?
Mit dem Voltmeter misst Rolf
die Spannung an der Klemme 61 und wehe, sie weicht
nur wenig von 13,4V ab, da
kann Rolf regelrecht giftig werden.
@Kurt, dreh doch jetzt mal
das Gas etwas auf, … weiter, … ja, ...so ..., danke!
Rolf traut seinen Augen
nicht - plötzlich 14,1V am Generator, fix den Magnetstrom
zudrehen! Feldspule
Felicitas räkelt sich: "Watt´n nu´ los, es
kribbelt nicht mehr so
schön." Klar, wenn Rolf
den Magnetstrom abdreht, kribbelt´s nicht mehr so
schön.
Felicitas´ Magnetaura
beginnt ernsthaft zu schwächeln.
Soweit klar?
Generator Gerhard, der noch
nie von Felictas´ Seite wich, spürt sofort, dass Felis
Anziehungskraft deutlich
nachgelassen hat. Seine Spulen reagieren mit
Spannungsverlust, ist ja
nicht schlimm, passiert anderen Männern gelegentlich auch.
Soweit klar?
Rolfs Zeiger pendelt nun
wieder um die vorgeschriebene Stelle und er ist´s
zufrieden.
Wenn´s das jetzt war, dann isses
ja gut. Nix weiter los heute, was....?
@Kurt: Schalt´ doch bitte
mal die volle Beleuchtung ein.... danke!
Rolf wollte sich gerade
entspannt zurücklehnen, als er aus dem Augenwinkel grad
noch mitbekommt, wie sich
der Zeiger nach links gen 12,5V bewegt. Au, Scheiße,
was machen die da draußen
bloß! Haste was kannste was - Magnetstrom-Hahn halb
auf, so fix es geht.
Soweit klar?
Als der Magnetstrom Feli erreicht, gibt sie einen Laut von sich, der sonst nur
in
unanständigen Filmen
vorkommt. Huch, ist das schön. Gerhard spürt ihre
gewachsene magnetische Kraft
sofort bis in seine letzte Windung und reagiert
äußerst gespannt, das heißt,
er gibt mehr Spannung ab.
Soweit klar?
@Kurt! Und jetzt rauf auf
die Dosenbahn! Wollen mal sehen, wie das ist, wenn
130km/h künftig mal zum
gesetzlichen Limit werden sollten. 130, nicht mehr, nicht
weniger, ab geht´s.
Rolf hat den Betriebswechsel
gleich mitbekommen und reagiert wie er soll.
Magnetstrom leicht
zurücknehmen. Er kann das im Schlaf, so mit zwei Fingern am
Hahn, seine Lässigkeit lässt
den Meister erkennen. Wenn ihn nur jetzt jemand sehen
könnte, ja wenn. Geht aber
nicht, er sitzt ja in seinem fensterlosen Reglergehäuse
Es wird mit der Zeit
langweilig, 2 Stunden düst Kurt nun schon mit 130 über die
Dosenbahn. Nicht mal ein
Baustellenstopp zur Abwechslung. Wo gibt´s denn so
etwas noch?
Rolf kämpft im Reglergehäuse
gegen die Müdigkeit an. Die Augenlider sinken herab.
Rechter Zeigefinger am Hahn.
Schließlich gibt er den Widerstand auf und
schlummert hinweg.
Unruhige Träume befallen
ihn. War wohl etwas schwer das letzte Essen...
Skalen tauchen auf,
schwanken durch seine Träume, stehen auf dem Kopf,
spiegeln sich vielfach, der Zeiger rutscht nach Null...
Instinktiv reißt sein
rechter Zeigefinger den Magnetstrom-Hahn bis zum Anschlag auf.
Niemand konnte bisher ahnen,
welche Menge an Magnetstrom aus so einem Hahn
rauspladdern kann...
Soweit klar?
Feldspule Feli zuckt zusammen, oh jetzt geht es schon wieder los,
aber jetzt, …nicht
so toll... oho, das hält ja
keine Spule aus... aufhören ....auauauaufffhööööören...!!!!!
Und es hört auf. Weil die
MZ-Ingenieure für Rolf´s eventuelle Fehlhandlung die
Sicherung Silke vorgesehen haben,
die gerade noch rechtzeitig durchbrennen
konnte.
Ja, und was Silke betrifft,
das ist natürlich eine traurige Geschichte...
Lothar
November
2007, überarb.: April 2010